Segelflugzeug Diamant

Segelflugzeug Diamant

 

Diamant Früher
Diamant heute

 

Ein Segelflugzeug mit einem Rumpf und Flächenschaden wieder instand setzen?…
Es gibt sicherlich eine ganze Reihe von Flugzeugen wo so etwas dazu führt das man das betroffene Flugzeug einmottet und als Spielgerät auf dem Platz oder als Andenken unter die Decke hängt. Insbesondere dann wenn die 50 Jahre seit dem Erstflug auch schon lang vorüber sind.
Wenn es sich bei diesem Flugzeug allerding um ein echtes Stück Flugzeuggeschichte handelt (weshalb, siehe weiter unten), und dies zusammentrifft mit einem motivierten Handwerksmeister, ja dann ist viel möglich.
In liebevoller Detailarbeit wurde dieses schöne Flugzeug wieder vollständig flugfertig hergerichtet und am 14.10.2017 war es nach über einem Jahr restaurationszeit so weit.
Nachdem der Prüfer bei der Abnahme den technisch Flugtauglichen Zustand atestiert hatte flog dieses erste Flugzeug in Kunststoffbauweie überhaupt, seit etlichen Jahren wieder. Nach dem erfolgreichen F-Schlepp folgten weitere Starts an der Winde.
20171014_Diamant erstflug
Herzlichen Glückwunsch an Klaus Stuwe vom Segelflugverein Hoya von 1931 e.V. für diesen Erfolg. Wir wünschen dir sehr viele schöne Flüge mit deinem „neuen“ Diamanten.
Flugzeugbeschreibung
Bei einer Gleitzahl von 42 (Spannweite 16,5m) kann man mit dem D I A M A N T schöne Streckenflüge unternehmen. Wer in Wettbewerben konkurrenzfähig sein möchte sollte sich allerdings nach einem anderen Flugzeug umsehen. Die Geschwindigkeiten sind bei modernen Fugzeugen eben höher. Gemütlich reisen in der ersten Reihe und dazu noch ein Fensterplatz im Liegecockpit. Wer dran Gefallen hat ein seltenes Flugzeug zu fliegen, ist hier genau richtig.

Die Flugeigenschaften sind gutmütig. Kein plötzliches Abkippen auch bei Geschwindigkeiten unter 80km/h. Das Höhenruder ist als Pendelruder ausgelegt und federgetrimmt.

Der Trimmhebel ist gut erreichbar.

Die Wöbklappen lassen sich gut bedienen. Die Hand kann während des Fluges auf dem Hebel ruhen. Es gibt etwas (zu)viele Einrastmöglichkeiten. Die Skalierung ist in km/h beschriftet und zeigt die rechnerisch beste Klappenstellung für die geflogene Geschwindigkeit an. Die Unterscheidung für Geschwindigkeiten von 75- 68- 63- und 60 km/h scheint etwas „theoretisch“. Man bekommt jedoch schnell ein Gefühl für die richtige Klappenstellung.

Der „Ruderdruck“ der Wölbklappe zeigt die entsprechende Verstellrichtung an. Bei meinem Gewicht konnte ich allerdings Fluggeschwindigkeiten unter 75 km/h bei positiver Wölbklappenstellung beim Thermikkreisen nicht mehr „erfahren“.
Der
Flugzeugschleppstart ist problemlos. Obwohl der DIAMANT nur über eine Schwerpunktkupplung verfügt gibt es kein „Ausbrechen“ während der Startphase. Der lange Rumpf wirkt beim Anrollen Richtungsstabilisierend. Das kleine Spornrad trägt sicher auch etwas dazu bei. Durch die große Flügelmasse sind Flächenableger beim Anrollen eher selten. Ich habe irgendwann darauf verzichtet beim Anrollen negativ zu wölben um die Querruderwirkung zu erhöhen. Kritische Situationen sind NICHT vorgekommen. Kein Vergleich zu einem 15m- Flieger! Während des Schlepps muß man natürlich etwas mehr für die Richtung tun als bei einem Flugzeug mit Bugkupplung. Auffällig ist das aber nicht. Die Schwerpunktkupplung sitzt am Fahrwerk. Deshalb kann es erst nach dem Ausklinken eingefahren werden.
Beim
Windenstart verhält es sich ebenso problemlos. Wegen der liegenden Position muß man sich sorgfältig anschnallen, um nicht aus dem Seitenruder gezogen zu werden. Beim Windenstart empfielt es sich ein- bis zwei Rasten positiv zu wölben. Dadurch verringert sich die Längsneigung, und es kommt zu keinem frühzeitigen Ausklinken. Der Diamant steigt dann auch besser – etwa wie eine K21. Aufbäumende Momente sind unauffällig.
Die
Landeeigenschaften sind gut. Als Landehilfen gibt es normale Sturzflugbremsen. Diese fahren oben und unten aus. Auf die guten Landeeigenschaften hat man seinerzeit bei der Konstruktion großen Wert gelegt. War es doch damals durchaus üblich einen Bremsfallschirm oder schlecht wirkende Bremsklappen in Kauf zu nehmen. Der DIAMANT hat ganz normale Landeeigenschaften – so wie ein modernes Segelflugzeug. Es gibt keinerlei Besonderheiten! Es reicht völlig aus die Wölbklappen ein bis zwei Rasten positiv zu stellen. Schon dann schwebt der DIAMANT nur kurz aus. Der DIAMANT verfügt über ein gefedertes Fahrwerk. Den kompletten Federweg mußte ich glücklicherweise noch nicht in Anspruch nehmen.

 

Weitere Bilder des Diamanten findest du hier

 

Technische Daten

Spannweite 16,5 m
Flügelfläche 13,30 m²
Profil FX 62-K-153 mod.
Länge 7,56 m
max. Flugmasse 410 kg
Höchstgeschwindigkeit VNE 240 km/h
beste Gleitzahl 42 bei 100 km/h
Flug-Revolution dank Klebstoff
Heute sind Segel- und auch Verkehrsflugzeuge aus Verbundwerkstoffen eine Selbstverständlichkeit. In der Schweiz erlebte die technologische Revolution vor 50 Jahren ihren Anfang.
von Daniel Steffen

Segelflugzeug HBV Diamant. (Bild: PD)

Am 5. September 1964 – also vor fünfzig Jahren – startet Thomas Bircher mit dem ersten Schweizer Kunststoff-Segelflugzeug zum Erstflug. Die Tragflächen stammen allerdings aus Deutschland. Daran ist der Schweizer Zoll schuld.

Doch der Reihe nach: Das Basler Unternehmen Ciba AG stellte ab 1946 das Epoxidharz Araldit industriell her. Ursprünglich als Klebstoff gedacht, eröffneten sich in Kombination mit Glasfasern phantastische Möglichkeiten für den Segelflugzeugbau. Die Vorteile dieser Bauweise sind die günstige Ausnützung des Materials durch Schalenbau, die hohe Bruchfestigkeit im Verhältnis zum Gewicht, die erstklassige Oberflächengüte und die einfache Verarbeitung. Negative Punkte waren damals die teuren Grundmaterialien, die nicht beliebig hohe Wärmebeständigkeit und die fehlende Erfahrung mit den Alterungs- und Ermüdungseigenschaften.

Experimente an der ETH

Am Institut für Flugzeugstatik der ETH Zürich experimentierten Studenten unter Professor Manfred Rauscher mit dem neuen Material. Nach Voruntersuchungen an Fiberglas-Laminaten in den Jahren 1954/56 bauten sie 1958 ein Höhenruder («Flosse») aus dem neuen Material. Es folgten die Entwicklung und der Bau eines kompletten Rumpfes und Leitwerks. Kombiniert mit den konventionellen Holzflügeln des Segelflugzeuges Ka-6 der Akademischen Fluggruppe Zürich (AFG) entstand so die Ka-Bi-Vo (Kaiser, Bircher, Voonveld), welche am 21. September 1962 im Birrfeld erstmals abhob. Der Rumpfquerschnitt war aus Gründen der Aerodynamik möglichst klein gehalten. Das zwang den Piloten zu einer extrem flach liegenden Position; der Steuerknüppel wurde aus Platzgründen asymmetrisch an der rechten Bordwand angeordnet. Zukunftsweisend war auch das sogenannte T-Leitwerk.

Die Ka-Bi-Vo überzeugte die AFG-Mitglieder, sie wünschten sich von den Konstrukteuren ein Kunststoff-Segelflugzeug. Die Flug- und Fahrzeugwerke AG in Altenrhein (FFA) übernahmen im Hinblick auf eine mögliche Serienproduktion den Bau des Prototyps. Die Entwicklung eigener Tragflächen und vor allem der Bau von Negativformen überforderten die ETH-Ingenieure.

Serienbau in Altenrhein

Da wurden sie auf den schlanken Kunststoffflügel des Turbinen-Seglers H-30TS des Deutschen Wolfgang Hütter aufmerksam. Der Transport der Negativformen für diesen Typ an die ETH Zürich scheiterte am Schweizer Zoll, welcher eine exorbitant hohe Summe für die Einfuhr der «Flugzeugteile» verlangte. Als Alternative baute der mit dem Material vertraute Ingenieur Eugen Hänle für die ETH in Deutschland drei Paar Flügel mit den vorhandenen Formen. Das Projekt erhielt den Arbeitstitel Hü-Bi-Vo (Hütter-Bircher-Voonveld). Die meisten Konstruktionsmerkmale wurden von der Ka-Bi-Vo übernommen.

Die ersten Testflüge in Altenrhein verliefen erfolgreich. Da fuhr ein grosses schwarzes Auto vor. Der Eigentümer der FFA, Claudio Caroni, stieg aus und sagte: «Bircher, Ihr Projekt, der Kunststoffflieger, das geht nicht, das übernehmen wir nie!» Dann sah Caroni die Hü-Bi-Vo in der Sonne glänzen und war begeistert. Es wurden zehn Flügelpaare bei Hänle mit 15 Meter Spannweite bestellt. Zusätzlich entwickelte die FFA eigene Flügel mit 16,5 und 18 Meter Spannweite. Der Zungenbrecher Hü-Bi-Vo mutierte aus verkaufstechnischen Gründen zum HBV Diamant. Von 1966 bis 1970 wurden rund 80 Diamant in drei Versionen hergestellt, mutmasslich ohne ökonomischen Erfolg.

An der Segelflug-Weltmeisterschaft 1968 in Polen landete der Schweizer Ruedi Seiler mit einem Diamant 18 auf dem dritten Platz. Heute sind weltweit noch rund 40 Flugzeuge dieses Typs flugtauglich. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die ETH-Studenten ursprünglich von einer Lebensdauer von 15 Jahren ausgegangen waren.

 

Quellen:
Persönliche Erinnerungen von Thomas Bircher (2010)
Geistmann, Die Entwicklung der Kunststoff-Segelflugzeuge, Stuttgart 1976

URL: http://www.sagach.ch/Deutsch/flugzeuge/diamant.htm

https://www.nzz.ch/panorama/flug-revolution-dank-klebstoff-1.18375858

http://petrohde.homepage.t-online.de/album/diamant/de/tfluge.htm

 

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